Immer mehr Fuchsbandwurm-Infektionen in Deutschland
Zoonose breitet sich unbemerkt aus – Experten warnen vor unterschätztem Risiko
Die Zahl der Fuchsbandwurm-Infektionen in Deutschland steigt seit Jahren kontinuierlich.
Zwar gilt die Krankheit immer noch als selten – doch aktuelle Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) und führender Tropeninstitute zeigen:
Die Zunahme ist real, die Gefahr unterschätzt. Besonders in ländlichen Gebieten und am Rand von Städten, wo Wildtiere immer näher an den Menschen rücken, wächst das Risiko einer Übertragung.
Heimtückischer Parasit mit langer Inkubationszeit
Der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) ist ein nur wenige Millimeter großer Parasit, der seinen Lebenszyklus zwischen Wildtieren – insbesondere Füchsen – und Kleinsäugern wie Mäusen vollzieht.
Der Mensch ist für den Wurm ein sogenannter Fehlwirt, infiziert sich meist über kontaminierte Beeren, Pilze oder Erde – ohne es zu merken.
Das tückische an der Infektion: Sie bleibt oft über viele Jahre symptomlos.
Erst nach fünf bis 15 Jahren treten Beschwerden auf – meist in Form von Leberschäden, da sich die Larven dort wie ein Tumor ausbreiten. Unbehandelt verläuft die alveoläre Echinokokkose in vielen Fällen tödlich.
Zunahme in Süddeutschland – aber auch neue Fälle im Norden
Besonders betroffen sind traditionell die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg. Doch inzwischen melden auch nord- und ostdeutsche Regionen zunehmende Fallzahlen. Laut RKI wurden im Jahr 2024 bundesweit 69 bestätigte Erkrankungen registriert – so viele wie noch nie seit Beginn der Erhebung.

Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt oder falsch diagnostiziert werden.
Ein Grund für die Ausbreitung ist die wachsende Fuchspopulation, begünstigt durch milde Winter, geringeren Jagddruck und die Ausbreitung urbaner Lebensräume.
Füchse fühlen sich inzwischen auch in Großstädten wohl. Sie verlieren die Scheu vor dem Menschen, durchstreifen Gärten, Parks und Spielplätze – und verbreiten ihre Eier über den Kot.
Gefahr auch für Hunde und Katzen
Nicht nur Menschen sind gefährdet. Auch Haustiere wie Hunde und Katzen können sich mit dem Bandwurm infizieren – insbesondere, wenn sie Nagetiere jagen oder unbeaufsichtigt draußen fressen.
Dabei können sie die infektiösen Eier mit ins Haus bringen. Regelmäßige Entwurmung und Hygiene sind daher essenziell – vor allem, wenn Kinder im Haushalt leben.
Tierärztin Dr. Nadine Rotter rät: „Hundebesitzer im ländlichen Raum oder in der Nähe von Waldrändern sollten ihre Tiere mindestens alle sechs Wochen gegen Bandwürmer behandeln lassen. Auch Katzen, die Freigang haben, gehören regelmäßig entwurmt.“
Schutz durch Aufklärung und Vorsichtsmaßnahmen
Trotz der ernsten Lage bleibt die öffentliche Wahrnehmung gering. Viele Menschen haben noch nie vom Fuchsbandwurm gehört. Umso wichtiger ist präventive Aufklärung.
Das Bundesministerium für Gesundheit empfiehlt:
- Waldbeeren, Pilze und Wildkräuter gründlich waschen oder erhitzen
- Kontakt mit Tierkot meiden – insbesondere bei Füchsen
- Kinder im Garten nicht mit Erde oder Sand aus Fuchszonen spielen lassen
- Hunde regelmäßig entwurmen
- Nach Gartenarbeit oder Beerenpflücken gründlich Hände waschen
Forschung sucht nach Impfstoff – doch Heilung bleibt schwierig
Eine vollständige Heilung der alveolären Echinokokkose ist derzeit nur möglich, wenn die befallenen Leberanteile frühzeitig chirurgisch entfernt werden können.
In den meisten Fällen ist jedoch eine lebenslange medikamentöse Behandlung notwendig, um das Wachstum des Parasiten zu stoppen. Diese Medikamente sind teuer und mit Nebenwirkungen behaftet.
Forschungsinstitute in Deutschland und der Schweiz arbeiten derzeit an einer Impfung – sowohl für Wildtiere als auch für Menschen.
Erste Labortests mit oralen Impfködern für Füchse zeigen vielversprechende Ergebnisse, flächendeckende Anwendung ist jedoch frühestens in den 2030er Jahren realistisch.
Keine Panik, aber Vorsicht
Der Fuchsbandwurm bleibt eine seltene, aber ernstzunehmende Gefahr – insbesondere für Menschen mit engem Kontakt zur Natur.
Wer sich informiert, einfache Hygieneregeln beachtet und Haustiere schützt, kann das Infektionsrisiko erheblich minimieren.
Deutschland muss lernen, mit dem unsichtbaren Risiko zu leben – und ihm aktiv zu begegnen.

Hobbykoch, Gartenliebhaber und Autor