Grünkohl mit Oldenburger Pinkel – Norddeutschlands deftige Winterküche neu entdeckt
Warum Grünkohl mit Pinkel mehr ist als nur ein Wintergericht
Wenn die Tage kürzer werden, der erste Frost über die Felder zieht und es draußen ungemütlich wird, beginnt im Norden Deutschlands die Grünkohlsaison. Mit ihr kommt ein Gericht auf den Tisch, das Tradition, Regionalität und Herzhaftigkeit auf köstliche Weise vereint: Grünkohl mit Oldenburger Pinkel. Ein deftiges, würziges Essen, das seit Generationen nicht nur satt, sondern auch glücklich macht.
Doch was steckt hinter diesem norddeutschen Klassiker? Warum erfreut sich das Gericht auch jenseits von Oldenburg, Bremen oder Ostfriesland immer größerer Beliebtheit? Und wie gelingt es zu Hause – traditionell oder modern interpretiert?
Herkunft & Geschichte: Vom Bauerngericht zur Delikatesse
Grünkohl mit Pinkel ist tief in der norddeutschen Kultur verwurzelt. Seine Ursprünge reichen weit zurück – wahrscheinlich bis ins 16. oder 17. Jahrhundert. Ursprünglich als einfaches, nahrhaftes Winteressen der Landbevölkerung gedacht, entwickelte sich das Gericht über die Jahrhunderte zur regionalen Spezialität.
Warum Grünkohl im Winter?
- Grünkohl benötigt Frost, um seinen typischen Geschmack voll zu entfalten.
- Nach den ersten kalten Nächten wandelt sich die Stärke in den Blättern in Zucker um – das macht ihn milder und süßlicher.
- In früheren Zeiten war Grünkohl eines der wenigen frischen Gemüse im Winter.
Pinkel – die regionale Besonderheit
Der Name „Pinkel“ stammt vermutlich vom niederdeutschen „pinkeln“ – ein alter Ausdruck für „etwas durchpressen“, bezogen auf das Befüllen des Wurstdarms. Die Pinkelwurst ist besonders typisch für Oldenburg, Bremen und das Ammerland.
Was ist Oldenburger Pinkel eigentlich?
Die Oldenburger Pinkel ist eine geräucherte Grützwurst, die in ihrer Zusammensetzung einzigartig ist.
Typische Zutaten:
- Schweinespeck
- Zwiebeln
- Hafergrütze (manchmal auch Gerstengrütze)
- Schwarte oder Rindertalg
- Gewürze (Pfeffer, Salz, Majoran, Muskat)
Diese Zusammensetzung macht die Wurst besonders deftig, körnig und würzig – ideal als Begleiter zum milden Grünkohl.
Unterschied zur Bremer Pinkel:
Die Bremer Variante ist meist etwas feiner, enthält weniger Fett und verwendet teilweise zusätzlich Mett oder Schinkenreste. Die Oldenburger Pinkel hingegen ist etwas gröber, intensiver und reichhaltiger.
Grünkohl – das Wintergemüse mit Kultstatus
Grünkohl ist nicht nur ein Klassiker der Winterküche, sondern auch ein echtes Superfood.
Gesundheitsvorteile von Grünkohl:
- Reich an Vitamin C, A, K
- Hoher Gehalt an Antioxidantien
- Unterstützt das Immunsystem
- Liefert Kalzium, Eisen und Ballaststoffe
- Gilt als entzündungshemmend
Wann hat Grünkohl Saison?

In Deutschland beginnt die Grünkohlsaison ab Ende Oktober, die Haupterntezeit ist von November bis Februar.
Zutaten & Vorbereitung: Was braucht man für ein authentisches Grünkohlgericht?
Für 4 Personen benötigst du:
Hauptzutaten:
- 1,5 kg frischer Grünkohl (alternativ: 800 g TK-Grünkohl)
- 4–6 Oldenburger Pinkelwürste
- 2 Kochwürste oder Kasseler (optional)
- 1 große Zwiebel
- 50–100 g Schweineschmalz oder Butterschmalz
- 500 ml Gemüse- oder Fleischbrühe
- 1 TL Senf
- Salz, Pfeffer, ggf. etwas Hafergrütze
Beilage:
- Kartoffeln (mehlig kochend)
- Optional: süßer Senf, grober Senf oder Apfelmus
Tipp: Wer es besonders deftig mag, ergänzt das Gericht um Mettenden, Speck oder Rippchen.
Schritt-für-Schritt-Rezept: Grünkohl mit Pinkel traditionell zubereitet
Schritt 1: Grünkohl vorbereiten
- Frischen Grünkohl gründlich waschen, dicke Blattrippen entfernen, klein schneiden.
- In kochendem Wasser 2–3 Minuten blanchieren, dann in Eiswasser abschrecken.
- Alternativ tiefgekühlten Grünkohl auftauen lassen.
Schritt 2: Zwiebeln & Fett anbraten
- Zwiebeln fein würfeln und im Schmalz glasig dünsten.
- Grünkohl hinzufügen und kurz mitdünsten.
- Brühe angießen, leicht köcheln lassen.
Schritt 3: Grünkohl schmoren
- Grünkohl mit Senf, Pfeffer, Salz abschmecken.
- Etwa 60 Minuten bei kleiner Hitze schmoren lassen. Wer mag, fügt etwas Grütze hinzu – das bindet und gibt Geschmack.
Schritt 4: Würste garen
- Nach ca. 30 Minuten die Pinkelwürste (und andere Fleischsorten) auf den Grünkohl legen und mitgaren lassen. Nicht in die Flüssigkeit eintauchen – sie sollen ziehen, nicht zerfallen.
Schritt 5: Kartoffeln kochen
- Kartoffeln schälen, vierteln und separat gar kochen.
Schritt 6: Anrichten & genießen
- Auf vorgewärmten Tellern anrichten, mit Senf servieren – fertig ist der norddeutsche Winterklassiker.
Regionale Varianten & Alternativen
Obwohl Oldenburger Pinkel die bekannteste Variante ist, gibt es zahlreiche regionale Interpretationen:
Region | Besonderheit |
---|---|
Bremen | Feine Pinkel, oft mit Kasseler |
Ostfriesland | Mit süßem Apfelkompott serviert |
Ammerland | Besonders deftig, oft mit Rippchen und Mettenden |
Hamburg | Grünkohl auch vegetarisch oder mit Fischbeilage |
Gesundheit & Ernährung: Wie gesund ist Grünkohl mit Pinkel?
Pro & Contra aus ernährungsphysiologischer Sicht:
Vorteile:
- Grünkohl ist kalorienarm und nährstoffreich.
- Liefert viele sekundäre Pflanzenstoffe.
- Sättigend durch Ballaststoffe und Proteine.
Nachteile:
- Pinkel ist fett- und kalorienreich.
- Kann bei empfindlichem Magen schwer verdaulich sein.
Tipp für eine leichtere Variante:
- Pinkel in Wasser vorkochen, um Fett zu reduzieren.
- Vegetarische Alternativen mit Räuchertofu oder Grünkohl-Linsen-Eintopf probieren.
Tipps für die perfekte Grünkohltafel
- Aufwärmen lohnt sich! Grünkohl schmeckt am zweiten Tag oft noch besser.
- Grütze statt Mehl: Zum Binden des Kohls lieber Grütze verwenden – traditionell und geschmackvoll.
- Fett ist Geschmacksträger: Weniger ist mehr – aber ganz ohne wird’s fade.
- Bier oder Korn dazu? In Norddeutschland fast Pflicht: ein kühles Bier und ein klarer Korn gehören oft dazu.
Traditionen rund ums Grünkohlessen
In vielen Regionen gehört zum Grünkohlessen mehr als nur das Gericht:
- Grünkohlfahrt: Gruppenwanderung mit Bollerwagen, Spielen und anschließendem Grünkohlessen.
- Kohlkönig/Kohlkönigin: Wer am meisten isst oder gewinnt, wird gekrönt.
- Kohltour: In Niedersachsen und Bremen eine richtige Institution – oft mit Musik, Tanz und Getränken.
Grünkohlfahrten: Ein norddeutsches Kulturerlebnis
Grünkohlfahrten finden vor allem zwischen Januar und März statt. Besonders beliebt:
- In Vereinen, Kegelgruppen, Firmen oder Nachbarschaften
- Oft mit Bollerwagen, Schnapsrunden, lustigen Spielen
- Ziel: Gasthof mit Grünkohlbüfett
Diese Tradition stärkt Gemeinschaft – und den Appetit auf Grünkohl.
Grünkohl einfrieren, aufwärmen & aufbewahren
Einfrieren:
- Gekochten Grünkohl vollständig abkühlen lassen.
- In Portionen abpacken, luftdicht verschließen.
- Hält bis zu 6 Monate im Gefrierfach.
Aufwärmen:
- Schonend in Topf oder Mikrowelle.
- Bei Bedarf etwas Brühe zugeben.
Wichtiger Hinweis: Pinkel separat lagern – diese kann beim Aufwärmen sonst an Aroma verlieren.
Moderne Interpretationen – Grünkohl neu gedacht
Auch in der modernen Küche ist Grünkohl längst angekommen:
- Grünkohl-Chips: Dünn geschnitten, mit Olivenöl & Salz im Ofen gebacken.
- Grünkohlsalat: Mit Apfel, Walnüssen, Ziegenkäse – roh & vitaminreich.
- Vegetarische Pinkel: Z. B. auf Seitan- oder Grünkernbasis.
- Grünkohl-Quiche: Herzhaft und sättigend, ideal für Buffets.
Warum Grünkohl mit Pinkel ein echtes Soulfood ist
Grünkohl mit Oldenburger Pinkel ist mehr als ein Gericht – es ist ein Stück gelebte Esskultur. Regional, saisonal, herzhaft und gesellig. Ob traditionell oder modern interpretiert, es verbindet Menschen, Generationen und Geschichten.
Wer es einmal selbst gekocht und genossen hat, versteht schnell, warum dieses Essen jedes Jahr aufs Neue sehnsüchtig erwartet wird – ein norddeutsches Soulfood, das auch im Süden schmeckt.
🥘 Rezept-Variationen: Grünkohl mit Oldenburger Pinkel neu interpretiert
1. Klassisch-deftige Variante mit Rippchen & Kasseler
Zutaten-Erweiterung zur Basisversion:
- 4 Kasseler-Koteletts oder Rippenstücke
- 4 grobe Mettenden
- Zusätzlich etwas Schweineschmalz und Speckwürfel
Zubereitung:
- Vor dem Grünkohl zuerst Speckwürfel in Schmalz auslassen.
- Dann die Zwiebeln und den Grünkohl darin schmoren.
- Kasseler und Mettenden mit dem Grünkohl zusammen für ca. 30–40 Minuten mitziehen lassen.
- Rippenstücke separat in Brühe vorgaren und zum Schluss zum Grünkohl geben.
Besonderheit:
Diese Variante ist besonders beliebt in Ostfriesland und Oldenburg – kräftig, fettig, nahrhaft. Ideal für kalte Tage und große Runden.
2. Bremer Art mit süßem Senf und Apfelstücken
Zusätzliche Zutaten:
- 1 Apfel (säuerlich, z. B. Boskoop)
- 1–2 TL süßer Senf
- Etwas Apfelsaft zum Ablöschen
Zubereitung:
- Apfel schälen, würfeln und mit den Zwiebeln andünsten.
- Mit einem Schuss Apfelsaft ablöschen.
- Danach den Grünkohl zugeben und wie gewohnt weiterkochen.
- Am Schluss den süßen Senf unterrühren.
Tipp:
Diese fruchtige Note harmoniert wunderbar mit der Würze der Pinkel – besonders geeignet für alle, die milde, fein ausbalancierte Aromen bevorzugen.
3. Vegetarische Grünkohlvariante mit Grünkern-Pinkel
Zutaten für die „Pinkel-Alternative“:
- 100 g Grünkern, fein geschrotet
- 1 kleine Zwiebel
- 1 Knoblauchzehe
- 2 EL Haferflocken
- 1 EL Senf
- 1 TL Rauchsalz oder geräuchertes Paprikapulver
- 1 EL Rapsöl
Zubereitung:
- Grünkern in Gemüsebrühe weich kochen.
- Mit Zwiebel, Knoblauch, Senf und Gewürzen zu einer würzigen Masse vermengen.
- Kleine Rollen formen, in Pergament oder veganem Wurstdarm dämpfen oder leicht anbraten.
- Parallel den Grünkohl klassisch mit Zwiebeln und Schmalzersatz (z. B. Alsan, Margarine) zubereiten.
Besonderheit:
Ideal für Vegetarier – und geschmacklich nah am Original durch das Raucharoma.
4. Vegane Grünkohlpfanne mit Räuchertofu und Süßkartoffeln
Zutaten:
- 300 g Grünkohl (frisch oder TK)
- 200 g Räuchertofu, gewürfelt
- 1 Süßkartoffel, in Würfel geschnitten
- 1 kleine rote Zwiebel
- 1 Knoblauchzehe
- 1 TL Senf
- 2 EL Olivenöl
- Etwas geräuchertes Paprikapulver
Zubereitung:
- Süßkartoffelwürfel in Olivenöl anbraten.
- Zwiebeln und Knoblauch zugeben, kurz mitdünsten.
- Grünkohl dazugeben, mit etwas Brühe angießen und 10–15 Minuten dünsten.
- Räuchertofu separat knusprig braten und am Ende unterheben.
- Mit Senf, Paprika, Salz und Pfeffer abschmecken.
Tipp:
Dieses Gericht ist leicht, proteinreich und trotzdem herzhaft – für die moderne Küche oder als Meal-Prep-Idee für die Woche.
5. Grünkohl-Auflauf mit Kartoffelhaube und Pinkelstückchen
Zutaten:
- 500 g Grünkohl
- 300 g mehligkochende Kartoffeln
- 2 Pinkelwürste
- 1 Zwiebel
- 100 ml Milch oder Pflanzenmilch
- 1 EL Butter oder Margarine
- Muskat, Salz, Pfeffer
Zubereitung:
- Kartoffeln zu Püree verarbeiten (mit Butter, Milch, Muskat).
- Grünkohl mit Zwiebeln wie gewohnt garen, Pinkel zerdrücken und unterheben.
- In eine Auflaufform geben, Kartoffelpüree als Deckel darüberstreichen.
- Bei 180 °C ca. 25 Minuten im Ofen backen – goldbraun überbacken.
Tipp:
Eine ideale Resteverwertung vom Grünkohlgericht vom Vortag – wunderbar wärmend und sättigend.
6. Low Carb Grünkohlpfanne mit Ei und Nüssen
Zutaten:
- 300 g frischer Grünkohl
- 2 Eier
- 1 Handvoll Walnüsse
- 1 EL Olivenöl
- 1 kleine rote Zwiebel
- 1 TL Dijon-Senf
Zubereitung:
- Grünkohl in wenig Öl mit Zwiebeln anbraten.
- Walnüsse grob hacken, kurz mitrösten.
- Eier in einer Pfanne separat braten oder pochieren und auf den Grünkohl setzen.
- Mit Salz, Pfeffer und einem Hauch Senf servieren.
Low-Carb-Tipp:
Ideal für Keto oder Low-Carb-Ernährung – nährstoffreich und ballaststoffhaltig.
7. Grünkohl-Quiche mit Pinkel und Käse
Zutaten für den Teig:
- 250 g Mehl
- 125 g kalte Butter
- 1 Ei
- 1 Prise Salz
Füllung:
- 300 g Grünkohl (gedünstet)
- 2 Pinkelwürste (Inhalt ausdrücken)
- 100 g geriebener Käse (z. B. Bergkäse)
- 2 Eier
- 150 ml Sahne
Zubereitung:
- Mürbeteig herstellen, 30 Min. kühlen, dann in eine Quicheform drücken.
- Füllung aus Grünkohl, Pinkelmasse, Käse, Eiern & Sahne verrühren.
- Auf Teig geben, bei 180 °C ca. 40 Minuten goldbraun backen.
Besonderheit:
Diese Variante eignet sich hervorragend für Buffets, Picknicks oder als Meal Prep.
8. Grünkohl-Risotto mit Pinkel-Crunch
Zutaten:
- 200 g Risottoreis (Arborio)
- 100 ml Weißwein
- 600 ml Gemüsebrühe
- 100 g Grünkohl, fein geschnitten
- 1 Schalotte
- 1 EL Butter
- 2 EL geriebener Parmesan
- 1 Pinkelwurst (ohne Darm, angebraten und zerkrümelt)
Zubereitung:
- Schalotte in Butter glasig dünsten, Reis zugeben, mit Wein ablöschen.
- Brühe nach und nach zugeben, immer wieder rühren.
- Nach 10 Minuten den Grünkohl untermischen.
- Wenn cremig, Parmesan unterheben.
- Mit dem Pinkel-Crunch bestreuen.
Modern & raffiniert:
Perfekt für ein norddeutsches Dinner mit kulinarischem Twist.

Hobbykoch, Gartenliebhaber und Autor