Alte Apfelsorten wieder gefragt
Der Apfel gehört zu den beliebtesten Obstarten, und das zu Recht.
Gibt es im Englischen doch nicht umsonst die Redensart „An apple a day keeps the doctor away“. Tatsächlich vereint er wenig Kalorien mit einer Fülle an Vitaminen und Mineralstoffen.
Viele Hobbygärtner legen deshalb Wert auf einen Apfelbaum.
Dabei sind alte Apfelsorten immer mehr gefragt, und auch das zu Recht. Sie sind nämlich aromatischer, weil sie mehr Säure enthalten.
Von Supermärkten kaum angeboten, werden sie in Obstplantagen verkauft. Es gibt reine Tafeläpfel, aber auch solche, die man ebenso gut als Wirtschaftsäpfel verarbeiten kann, etwa in Kuchen, Nachtisch oder als Saft.
Anbau seit dem 19. Jahrhundert üblich
Alte Apfelsorten waren im 19. Jahrhundert gang und gäbe.
Bis ins 20. Jahrhundert hinein baute man über 2000 Sorten an.
Doch dann begann die Auslese. Viele wurden vom Markt genommen.
Übrig blieben eine Menge, die hinreichend groß, schmackhaft und wenig krankheitsanfällig waren.
Doch sie wurden Jahrzehnte lang sträflich vernachlässigt. Schließlich kümmerten sich Verbände wieder darum, darunter der Deutsche Pomologen-Verein.
Alternative zu gespritzten Früchten
Heute kann man alte Apfelsorten nicht nur als Obst, sondern auch im Format eines kleinen Baums kaufen.
Die meisten geernteten Früchte sind gut lagerfähig – eine Erfahrung, die man mit den gespritzten Artgenossen aus dem Supermarkt kaum macht.
Über alle Sorten sollte man sich vor dem Anbau informieren, denn sie sind verschieden genussreif, manche sogar erst im Dezember.
Hier eine kleine Chronologie über alte Apfelsorten:
Alte Apfelsorten: Goldparmäne
Diese Sorte gilt als die älteste. Man datiert ihre Entstehung auf 1510. Die Früchte können ab Oktober genossen werden und halten sich bis ins Frühjahr. Der sehr aromatische Apfel wird höchstens mittelgroß und braucht wärmere Gebiete.
Alte Apfelsorten: Roter Eisenapfel
Er ist bereits seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Mittlerweile erhielt er auch (unter anderem) die Namen Paradiesapfel und Bamberger Herzapfel. Er wird mittelgroß und schmeckt süß-sauer. Im Oktober gepflückt, kann man ihn im Dezember verzehren. Seine Lagerfähigkeit reicht bis in den Sommerbeginn.
Alte Apfelsorten: Gravensteiner
Er wurde seit den 1660er Jahren in dänischen und norddeutschen Gärten geerntet und begann dann wegen seiner hohen Qualität die Reise in aller Herren Länder. Der vorzügliche Apfel, der für den privaten Garten wärmstens zu empfehlen ist, zeigt Frühreife. Spätestens Anfang September geerntet, ist er bis Sylvester lagerfähig. Ein saftiges und hocharomatisches Exemplar für alle Verzehrvarianten, vom Tafelapfel bis zum Dessert.
Alte Apfelsorten: Danziger Kantapfel
Die erste Erwähnung findet man im Jahr 1703. Auch er wurde vielfach umbenannt, unter anderem zu Rabiner und Nikolausapfel. Sein ausgeprägt aromatisches Fruchtfleisch macht ihn zu einem guten Tafel- und Wirtschaftsapfel. Man erntet im Oktober und kann ihn direkt vom Baum gepflückt verzehren. Gelagert hält er bis Januar.
Alte Apfelsorten: Goldrenette von Blenheim
Man fand den süß bis zartsäuerlich schmeckenden Apfel 1740 zufällig in der Nähe des englischen Schlosses Blenheim Palace bei Woodstock. Er ist ein Tausendsassa für den kulinarischen Genuss. Erntebereit in der ersten Oktoberhälfte, schmeckt er in jeder Form. Bis Januar hält er sich der große bis sehr große Apfel in der Lagerkiste.
Alte Apfelsorten: Rote Sternrenette
Diese Renette pflanzte man bereits 1830 am Niederrhein an. Mit ihrem süßsäuerlichen Innenleben kann man sie im Oktober vom Baum holen. Eine wundervolle Zutat auf dem Adventsteller! Der herrliche Tafelapfel überrascht mit einer erstaunlich glatten Oberfläche, wie sie sonst nur hochgezüchtete Artgenossen aufweisen.
Alte Apfelsorten: Kaiser Wilhelm
Dieses Exemplar mit glatter, glänzender Schale wird mittelgroß bis groß. Ein Lehrer namens Hesselmann entdeckte ihn 1864 im nordrhein-westfälischen Leichlingen. Das voluminöse, aber zarte und saftige Fruchtfleisch kann man sich pünktlich zum Adventsbeginn schmecken lassen und außerdem problemlos lagern.
Alte Apfelsorten: Grahams Jubiläumsapfel
Die große Sorte war eine Zufallsentdeckung. John Graham war der glückliche Engländer, der die etwas säuerliche Frucht 1880 fand und dann züchtete. Er widmete sie Königin Victoria zu ihrem fünfzigsten Thronjubiläum im Jahr 1887. Der Tafel- und Wirtschaftsapfel ist ein guter Anwärter für Apfelmus.
Alte Apfelsorten: Geheimrat Oldenburg
Diese Sorte erhielt 1904 als erfolgreiches Zuchtergebnis ihren Namen nach dem Regierungsrat des Berliner Landwirtschaftsministeriums. Die mittelgroße Frucht vereint die Fähigkeiten für einen Tafel- und einen Wirtschaftsapfel in sich. Sie schmeckt mild und leicht säuerlich. Mitte September ist sie erntereif, und lagerfähig bleibt sie bis in den Januar hinein.
Alte Apfelsorten: Otterndorfer Prinz
Die alte Apfelsorte “Otterndorfer Prinz” ist eine historische Apfelvarietät, deren Wurzeln in der Region um Otterndorf, eine kleine Stadt in Niedersachsen nahe der Nordseeküste Deutschlands, liegen. Diese Sorte gehört zu den vielen traditionellen Apfelsorten, die im Laufe des 20. Jahrhunderts an Bedeutung verloren haben, jedoch durch Liebhaber alter Obstsorten und Initiativen zur Erhaltung der Biodiversität in der Landwirtschaft wieder mehr Aufmerksamkeit erlangen.
Geschichte und Herkunft
Die genaue Geschichte des Otterndorfer Prinzen ist, wie bei vielen alten Obstsorten, nicht vollständig dokumentiert. Es wird angenommen, dass die Sorte im 18. oder 19. Jahrhundert entstanden ist. Der Name leitet sich von seinem Herkunftsort ab und könnte darauf hinweisen, dass er von lokalen Obstbauern oder Gärtnern als eine besondere Sorte geschätzt und ‘geadelt’ wurde.
Beschreibung der Sorte
Der Otterndorfer Prinz ist bekannt für seine robuste Natur und seine Anpassungsfähigkeit an die kühl-feuchten Klimabedingungen Norddeutschlands. Der Baum zeichnet sich durch eine mittlere bis hohe Wuchskraft und eine gute Frosthärte aus.
Die Früchte des Otterndorfer Prinzen sind mittelgroß und besitzen eine grüngelbe Grundfarbe mit einer verwaschenen roten Deckfarbe. Ihr Fleisch ist fest und saftig mit einem aromatischen, feinsäuerlichen Geschmack, der besonders bei Liebhabern von traditionellen Apfelsorten Anklang findet. Der Apfel reift in der Regel im September und kann bis in den Winter hinein gelagert werden, ohne an Geschmack zu verlieren.
Verwendung
Der Otterndorfer Prinz eignet sich sowohl als Tafelapfel als auch zur Verarbeitung. Aufgrund seines würzigen Geschmacks ist er eine gute Wahl für Apfelkuchen und -kompott sowie für die Herstellung von Most oder Cidre.
Bedeutung für die Biodiversität
In einer Zeit der zunehmenden industrialisierten Landwirtschaft mit ihrem Fokus auf wenige, ertragreiche und leicht zu handhabende Sorten, ist die Erhaltung alter Apfelsorten wie dem Otterndorfer Prinz von großer Bedeutung. Diese Sorten sind oft resistenter gegen lokale Schädlinge und Krankheiten und tragen zur genetischen Vielfalt und damit zur Stabilität der Lebensmittelproduktion bei.
Erhaltungsbestrebungen
Zum Erhalt der Sorte tragen Obstbaubetriebe, spezialisierte Baumschulen, botanische Gärten und private Gartenbesitzer bei, die Interesse an der Kulturhistorie und der Diversität alter Obstsorten haben. Vereine und Organisationen, wie die “Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen” (GEH), setzen sich für die Bewahrung solcher alten Sorten ein und helfen, sie vor dem Vergessen zu bewahren.
Der Otterndorfer Prinz ist ein schönes Beispiel für die Vielfalt und das kulturhistorische Erbe alter Obstsorten. Durch den Anbau dieser alten Varietät kann ein Stück kulinarische Geschichte erhalten und gleichzeitig ein Beitrag zur biologischen Vielfalt in unseren Gärten und Landschaften geleistet werden. In einer Zeit des gesteigerten Umweltbewusstseins und der Wertschätzung für regionale Produkte gewinnt der Otterndorfer Prinz zusammen mit anderen historischen Sorten zunehmend an Bedeutung.
Weitere Sorten – auch für die Streuobstwiese
Neben diesen Äpfeln mit einer beachtlichen Historie gibt es noch mehr alte Apfelsorten. Manche möchte man schon ihres Namens wegen nicht unbeachtet lassen, wie etwa den robusten süßsäuerlichen Altländer Pfannkuchenapfel oder den Celler Dickstiel, dessen herrliches Aroma man erst ab Dezember genießen kann, der dafür aber jeden späten Frost übersteht und mit Erträgen nicht geizt.
Wer sich ein Apfelbäumchen anpflanzen möchte, sollte alte Apfelsorten ins Auge fassen. Man muss jedoch auch bedenken, dass ein Hochbaumstamm viel Platz braucht. Eine Alternative ist immer, sich die Beteiligung an einer Streuobstwiese zu sichern. Hier gibt es in vielen Bundesländern entsprechende Initiativen und Projekte.
Verena Günther-Gödde, Autorin und seit mehreren Jahren Texterin, ausgebildete Buchhändlerin und nach einem Studium der Germanistik und Soziologie im Bildungsbereich und in der Öffentlichkeitsarbeit tätig, vorrangige Interessensgebiete Gesellschaft, Wissen und Politik.